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Allgemein

Urteil des höchsten US-Gerichts: Trump darf Straftaten begehen!

US Supreme Court: der Präsident ist vor strafrechtlicher Verfolgung weitestgehend geschützt.

Der 1. Juli 2024 wird in die Rechtsgeschichte der Welt, nicht nur der USA, eingehen als der Tag, an dem das höchste US-amerikanische Gericht, der Supreme Court, mit 6 gegen 3 Stimmen und gegen die Grundsätze eines jeden Rechtsstaates auf der Welt entschieden hat, dass ein einziger Mensch sich nicht an geltendes Recht halten muss: der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!

Im Verfahren Nr. 23-939 „TRUMP V. UNITED STATES“ stellt das Gericht fest: für alle Handlungen eines Präsidenten, die zum Kernbereich seiner verfassungsgemäßen Aufgaben gehören, genießt er strafrechtliche Immunität, kann also für eventuelle Straftaten, egal warum er sie beging, nicht belangt werden. Für sonstige „offizielle“ Handlungen wird Immunität vermutet, und nur für sog. „inoffizielle“ Handlungen ist er auch strafrechtlich voll verantwortlich – die Abgrenzung allerdings ließ das Gericht offen für die jeweiligen Gerichte.

Wie kam es zu diesem erstaunlichen, unlogischen und höchst bedenklichen Urteil? Und was sind die Folgen?

Die Geschichte.

Am 1. August 2023 entschied eine Grand Jury, Trump wegen seiner Rolle am 6. Januar 2021 und anderer möglicher Straftaten bei dem Versuch, an der Macht zu bleiben, vor Gericht zu stellen. Die Jury gab der Anklage durch Sonderermittler Smith am 1. August 2023 statt. Trump berief sich darauf, als Präsident der Vereinigten Staaten genieße er Immunität und könne deshalb nicht angeklagt werden. Das Berufungsgericht für den Gerichtsbezirk Washington, D.C. urteilte am 6. Februar 2024 einstimmig, Trump sei nicht immun gegen eine Strafverfolgung wegen möglicher Straftaten während seiner Präsidentschaft. In ihrer Urteilsbegründung bezeichneten die drei Richter den Standpunkt als inakzeptabel, „dass das Amt des Präsidenten seine ehemaligen Inhaber für alle Zeit über das Gesetz stellt“. Weiter hieß es: „Im Grunde würde die Haltung des ehemaligen Präsidenten Trump unser System der Gewaltenteilung zum Einsturz bringen“, denn eine vollständige Immunität habe zur Folge, „dass der Kongress im Hinblick auf den Präsidenten keine Gesetze erlassen, die Exekutive keine Strafverfolgung einleiten und die Judikative keine Kontrolle ausüben könnte„.

Hiergegen wandte sich Trump an den Supreme Court.

Das Urteil.

Mit 6 zu 3 Stimmen entschied das Gericht am 1. Juli 2024, dass ein Präsident keine absolute (wie Trump wollte), aber doch eine weitgehende Immunität genieße. Die Begründung umfasst 43 Seiten und 2 Zusatzbegründungen. Kernsätze lauten wie folgt (Fettdruck jeweils von uns):

Wir kommen zu dem Schluss, dass nach unserer verfassungsmäßigen Struktur der Gewaltenteilung die Natur der präsidialen Macht es erfordert, dass ein ehemaliger Präsident eine gewisse Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung für Amtshandlungen während seiner Amtszeit genießt. Zumindest in Bezug auf die Ausübung der verfassungsmäßigen Kernbefugnisse des Präsidenten muss diese Immunität absolut sein. Für seine übrigen Amtshandlungen gilt ebenfalls Immunität.

Das wird später präzisiert:

Das Gericht ist dabei der Ansicht, dass die abschließende und ausschließende verfassungsmäßige Zuständigkeit“ immer dort gegeben ist, wo der Präsident und nicht der Kongress zuständig ist – das gilt nach der amerikanischen Verfassung für eine ganzen Reihe von Tätigkeitsfeldern.

Für nicht darunter fallende Tätigkeiten unterscheidet das Gericht zwischen „offiziellen“ und „nicht offiziellen“ Maßnahmen. Für erstere soll gelten:

Der Präsident hat die Vermutung der strafrechtlichen Immunität für sich. Diese Vermutung muss im Prozess entkräftet werden. Dabei gilt:

Nur für Straftaten bei nicht-offiziellen Handlungen gilt das Strafrecht auch für den Präsidenten.

Wie alle diese Handlungskategorien unterschieden werden sollen oder können, lässt das Gericht offen und weist die Lösung den jeweils befassten Gerichten zu. Die werden allerdings in den wenigen Fällen, in denen sie nach diesem Urteil überhaupt noch tätig werden können, durch das Oberste Gericht erheblich beschränkt, weil sie die Hintergründe und vor allem Motive der eventuell strafbaren Handlungen nicht hinterfragen dürfen.

Zum Verfahren selbst verhält sich das Gericht nur teilweise. So ist es der Meinung, die Bedrohung des Generalstaatsanwaltes durch Trump genieße volle Immunität (daran dürfte das Gericht gebunden sein). Die Drohungen gegen Vizepräsident Pence unterlägen vermutlich der Immunität, für sonstige Punkte der Anklageschrift müsste das Gericht neu entscheiden. Und das Verhalten Trumps beim Sturm auf das Kapitol wäre vermutlich wohl mehr offiziell gewesen, aber das müsste das Gericht noch einmal untersuchen.

Insgesamt endet das Urteil mit den Worten:

It is so ordered.

Die Bewertung des Urteils

Diese Entscheidung, die handwerklich sehr schlecht gemacht ist, weil sie erhebliche Unklarheiten enthält und der treffenden Rechtsgrundlage entbehrt, betritt nicht nur im amerikanischen Recht absolutes Neuland. Dort wie in jedem Rechtsstaat galt bislang die „Rule of Law“. Die besagt unter anderem, dass vor dem Gesetz jeder gleich und dem Gesetz unterschiedslos unterworfen ist. Das Recht ist für alle gleich.

Das soll nach dem Urteil des Supreme Court jetzt für eine einzige Person nicht mehr gelten: den amerikanischen Präsidenten. Die beiden abweichenden Meinungen (Dissenting opinions) sagen dazu in aller Deutlichkeit:

Richterin Jackson:

Und weiter:

Und Richterin Sottomayor

Und weiter:

Die Zukunft ist düster.

Drei der sechs konservativen Richter, die dieses unnötige und abstruse Urteil gefällt haben, wurden von Trump ins Amt gewählt, in der Erwartung, dass sie sich ihm erkenntlich zeigen würden. Das scheint eingetroffen zu sein. Sollte Trump der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden, ist damit zu rechnen, dass er alles daran setzen wird, ein autoritäres und leider einigermaßen rechtsfernes Regime zu installieren.

Dieses Urteil und seine Verfasser dürften da eine große Hilfe sein.

Dr. Wolfgang Lipps